Drei Säulen für mehr Sicherheit
In der jüngsten Stadtbezirksbeiratssitzung präsentierte Amtsleiter André Barth ein umfassendes Konzept zur Kriminalitätsbekämpfung in der Äußeren Neustadt. Das Modell basiert auf einem gesamtgesellschaftlichen Ansatz, der drei zentrale Bereiche miteinander verbindet.
Die erste Säule bildet ein vielfältiges Angebot zur Entschärfung neuralgischer Punkte. Hierzu zählen Projekte wie der Klubkultursommer, Kulturveranstaltungen auf dem Scheunevorplatz sowie die Einrichtung des Neustadtkümmerers mit regelmäßigen Kiezsprechstunden. Auch praktische Maßnahmen wie die Teilnahme am Projekt "Nette Toilette" sollen zur Verbesserung der Situation beitragen.
Der präventive Ansatz umfasst unter anderem die Nachtschlichter sowie einen Koordinator für Konfliktmanagement. Kampagnen sprechen Partygäste gezielt an, während Formate wie der Kiezcheck, Saisonauftakte im Alaunpark und Kieztage das Gemeinschaftsgefühl stärken sollen. Die Aufstellung zusätzlicher Toiletten, Pissoirs und spezieller Pizzamülleimer rundet die präventiven Bemühungen ab.
Die dritte Säule bildet schließlich die Kontrolle durch Polizeieinsätze und den Gemeindlichen Vollzugsdienst des Ordnungsamtes. Alle drei Bereiche funktionieren nur im ständigen Austausch der Sicherheitspartner, die sich regelmäßig in einer Arbeitsgruppe treffen und ihre Erkenntnisse im Stadtbezirksbeirat vorstellen.
Polizei meldet deutliche Erfolge
Revierleiter Jürgen Kunath zog eine überwiegend positive Bilanz. Sowohl der Alaunplatz als auch die Schiefe Ecke gelten nicht mehr als Kriminalitätsschwerpunkte – ein bemerkenswerter Erfolg der koordinierten Bemühungen. Die untere Alaunstraße und der Albertplatz bereiten den Sicherheitskräften hingegen weiterhin Sorgen.
Um die Lage dort zu verbessern, hat die Polizei ihre Präsenz deutlich verstärkt. Regelmäßig sind nun zwei Streifenwagen vor Ort. Zusätzlich unterstützte die Bereitschaftspolizei in diesem Jahr bereits zwölf Mal bei größeren Einsätzen. Gegen sechs sogenannte Hauptakteure wurden Aufenthaltsverbote verhängt.
Diese Maßnahmen zeigen Wirkung: Die Straftatenbelastung ist merklich gesunken. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2025 hat sich die Anzahl der Straftaten – einschließlich Raubdelikten und gefährlicher Körperverletzung – im dritten Quartal nahezu halbiert. Dies ist eine beachtliche Verbesserung, die die Wirksamkeit der intensivierten Präsenz unterstreicht.
Ordnungsamt: Lage stabil, aber Personalabbau droht
Mirko Domaschke vom Gemeindlichen Vollzugsdienst beschrieb die Situation als im Wesentlichen vergleichbar mit den Vorjahren. Die Besondere Einsatzgruppe konzentrierte sich auf die bekannten Brennpunkte: Schiefe Ecke, Alaunstraße, Albertplatz und Alaunpark. Besonders in den Nachtstunden zeigten die Einsatzkräfte dort regelmäßig Präsenz.
Neue Herausforderungen ergaben sich während der Sommermonate an den Elbwiesen. Der Bereich um den Rosengarten und die Waldschlösschenbrücke entwickelte sich erneut zum beliebten Treffpunkt junger Menschen, was mehrere größere Einsätze erforderlich machte. Auch auf dem Industriegelände rund um die Straße E kam es nahezu wöchentlich zu gemeldeten Ruhestörungen.
Eine besorgniserregende Nachricht brachte Domaschke jedoch mit: Im kommenden Jahr soll die Personalstärke reduziert werden, da die Einsatzkräfte auch an anderen Standorten in Dresden benötigt werden. Dies könnte die positive Entwicklung gefährden.
Sozialarbeit sieht Licht und Schatten
Die Organisationen SafeDD und die Heilsarmee, die sich um wohnungslose Menschen kümmern, berichteten von unterschiedlichen Entwicklungen. An der Schiefen Ecke zeigt sich eine leichte Entspannung, während an der Alaunstraße eine neue Dynamik entstanden ist.
Insgesamt bewerten beide Einrichtungen die Lage als stabil, weisen aber auf anhaltende Probleme hin. Alkohol- und Substanzmissbrauch bleiben zentrale Herausforderungen. Das Ziel beider Organisationen ist es, durch kontinuierliche und vertrauensvolle Präsenz langfristige Verbesserungen zu erreichen. Die Heilsarmee fokussiert sich dabei besonders auf den Bischofsplatz.
Klubkultursommer lockt Menschen in die Clubs
Pierra Tannert vom Klubnetz stellte die Erfolge des Klubkultursommers vor, der seit 2022 besteht. Mit finanzieller Unterstützung aus dem Stadtbezirksbudget werden Veranstaltungen in Clubs gefördert, um durch vergünstigte Eintrittspreise die Besucher aus den öffentlichen Räumen der Neustadt in geschlossene Räume zu lenken.
Bis Ende August konnten 60 von 78 geplanten Veranstaltungen umgesetzt werden. Über eine LED-Tafel am Café Continental und Social-Media-Kanäle wurden die Angebote beworben. Die Resonanz war durchweg positiv, und Tannert schätzt, dass das Programm zur Entlastung der Schiefen Ecke und des Alaunplatzes beigetragen hat. Allerdings räumte er ein, dass vermutlich auch der nasskalte Sommer seinen Teil zur ruhigeren Situation beigetragen habe.
Nachtschlichter: Mehr als nur Streitschlichter
Alessandro Finke, Koordinator der Nachtschlichter, gab Einblicke in die Arbeit der mehrsprachigen Teams. Die 20 Nachtschlichterinnen und Nachtschlichter kommunizieren in Deutsch, Englisch, Arabisch, Russisch und Spanisch mit den Menschen vor Ort. Mit rund 2.800 Einsatzstunden an 82 Tagen waren sie hauptsächlich donnerstags, freitags, samstags und an Vorfeiertagen im Einsatz.
Ihre Hauptthemen sind Vermüllung, Lärmbelästigung, Wildpinkeln, Glasbruch und Awareness-Arbeit. Finke stellte allerdings klar, dass der Name "Nachtschlichter" oft zu Missverständnissen führe. Die Teams greifen nicht aktiv in Schlägereien ein – das sei Aufgabe der Polizei. Vielmehr arbeiten sie präventiv und sprechen Menschen an, bevor Situationen eskalieren.
Eine besorgniserregende Beobachtung teilte Finke ebenfalls mit: Die Anzahl psychisch auffälliger Personen im Viertel scheint zuzunehmen. Dies stellt sowohl die Nachtschlichter als auch andere Akteure vor neue Herausforderungen.
Stadtbezirksbeiräte: Kritische Nachfragen
Die Mitglieder des Stadtbezirksbeirats nutzten die Gelegenheit für konkrete Nachfragen. Felix Göhler (SPD) wollte wissen, wie sich die Situation im Vergleich zu den Vorjahren entwickelt habe. Domaschke bestätigte einen Rückgang und dass die eingesetzten Mechanismen wirken würden.
Julia Sasse (Team Zastrow) fragte nach einer möglichen Verlagerung der Probleme, falls sich die Lage am Albertplatz beruhigt. Kunath erklärte, dass dies derzeit schwer zu erkennen sei, man aber vereinzelte Fälle am Martin-Luther-Platz und Wiener Platz beobachte.
Christian Demuth (SPD) erkundigte sich nach den Ruhestörungen im Industriegelände und dem Problem mit Boomboxen. Domaschke berichtete von einem deutlichen Rückgang der Bassboxen, nachdem sich herumgesprochen habe, dass rigoros vorgegangen werde. Tannert ergänzte, dass die Clubs nicht Ursache der Ruhestörungen sein könnten, da alle mit regulierten Lautstärkeanlagen arbeiten.
Katharina Kern (CDU) interessierte sich für die Herkunft der psychisch auffälligen Personen. Finke räumte ein, dass dies schwer festzustellen sei, es sich aber offenbar um Menschen handle, die sich dauerhaft im Viertel aufhalten.
Johannes Schwenk (CDU) fragte nach den konkreten Straftaten am Albertplatz und dem Durchgangsverkehr auf der Alaunstraße. Kunath verwies darauf, dass genaue Zahlen erst mit der polizeilichen Kriminalstatistik verfügbar seien, man derzeit nur von Trends sprechen könne. Beim Durchgangsverkehr versuche man, Tempo herauszunehmen, ohne die Straße komplett zu sperren.
Norbert Rogge (Grüne) hakte beim Thema Stellenabbau nach. Domaschke bestätigte, dass im kommenden Jahr voraussichtlich nur etwa die Hälfte des Personals eingesetzt werden könne. Kunath versicherte jedoch, dass die Polizei weiterhin je nach Bedarf vor Ort sein werde.
Fazit: Erfolge in Gefahr?
Die Bilanz der Sicherheitspartner in der Dresdner Neustadt fällt überwiegend positiv aus. Der koordinierte Ansatz aus Angebot, Prävention und Kontrolle zeigt messbare Erfolge. Die drastische Reduzierung der Straftaten um fast die Hälfte innerhalb eines Quartals ist beeindruckend.
Dennoch werfen die angekündigten Personalkürzungen beim Ordnungsamt Schatten auf die weitere Entwicklung. Wenn nur noch die Hälfte der Einsatzkräfte zur Verfügung steht, könnte die mühsam erreichte Verbesserung wieder gefährdet sein. Auch die Zunahme psychisch auffälliger Personen stellt alle Beteiligten vor neue Aufgaben, die über klassische Sicherheitsmaßnahmen hinausgehen.
Der Erfolg des Konzepts basiert wesentlich auf der engen Zusammenarbeit aller Partner und ihrer kontinuierlichen Präsenz. Es bleibt zu hoffen, dass trotz knapper werdender Ressourcen dieser vielversprechende Weg fortgesetzt werden kann – im Interesse aller Bewohner und Besucher der lebendigen Dresdner Neustadt.
Quelle
Dieser Artikel basiert auf dem Bericht zur Stadtbezirksbeiratssitzung:
Neustadt-Geflüster: "Kriminalitäts-Prävention: Situation in der Neustadt"
URL: https://www.neustadt-ticker.de/232189/aktuell/kriminalitaets-praevention-bericht-zur-situation-in-dresden-neustadt
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